Flexibilität in der Pharmaproduktion

Aseptischer Werkzeugwechsler für automatisierte Prozesse

Automatisierte Prozesse in der Pharmaindustrie sind komplex und anspruchsvoll. Gerade im aseptischen Umfeld, wie es im pharmazeutischen Fill-and-Finish-Bereich der Fall ist, müssen die Maschinen höchste Präzision und Zuverlässigkeit bieten. Herkömmliche Automatisierungssysteme stoßen hier an ihre Grenzen.

Herausforderung in der aseptischen Produktion

Die spezifischen Anforderungen an Maschinen für den Pharmabereich, wie Sterilität, Handhabung hochpotenter Wirkstoffe und Flexibilität in der Produktion, erfordern innovative Lösungen. Ein zentrales Problem bestand darin, dass für verschiedene Applikationen unterschiedliche Greifsysteme benötigt wurden, die aber aufgrund der Geometrie, der Verfahrwege und der hohen Masse nicht in einem System integriert werden konnten. Dabei muss die Maschinenkonstruktion hohen Reinheitsanforderungen entsprechen, wodurch die Komplexität weiter erhöht wird. Ein wesentliches Ziel war es, mit dem aseptischen Werkzeugwechsler den Weg für Maschinenkonzepte ohne Handeingriffe zu bereiten.

Ein entscheidendes Element in den Produktionssystemen des Abfüll- und Verpackungsanlagenherstellers Bausch+Ströbel sind Robotersysteme. Hierbei wird z.B. das Robotersystem Stäubli TX2-60 stericlean+ mit einer nominellen Traglast von 3,5 kg in zahlreichen Applikationen eingesetzt. Wird die nominale Traglast überschritten, ist eine Reduktion von Geschwindigkeit und Beschleunigung des Roboters erforderlich, wodurch die Leistung der Applikationen sinkt. Es liegt nahe, ein Werkzeugwechselsystem oder ein weniger flexibles System zum Greifbackenwechsel einzusetzen.

Diese klassischen Systeme nutzen jedoch Bajonettverschlüsse oder Druckstücke, die problematisch zu reinigen sind. Und auch ein Greifbackenwechsel führt häufig dazu, dass Konturen nur unzureichend dekontaminiert werden können.

Aufgrund der beengten Reinraumbedingungen und der komplexen pharmazeutischen Prozesse mit variierenden Anforderungen, die von kleinen Glas-Einzelobjekten bis hin zu Maschinen-Equipment reichen, mussten in der Vergangenheit verschiedene Greifsysteme in einem Gehäuse integriert werden, wodurch große und schwere Werkzeuge entstanden. Nachteilig an kombinierten Greifsystem war die ausladende Kontur sowie die nicht optimale Nutzung der einzelnen Greifsysteme, die kostenintensive Konstruktions- und Simulationsarbeiten zur Folge hatten. „Ziel war es, bei Roboteranlagen die Leistung zu steigern und flexibel mit geringen Änderungsaufwand auf beispielsweise geänderte Behördenvorgaben oder Kundenwünsche reagieren zu können“, erklärt Philipp Wimberger, Gruppenleiter Software / Elektrotechnik bei Bausch+Ströbel.

Die Lösung: Aseptischer Werkzeugwechsler

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, hat die Zimmer Group in enger Zusammenarbeit mit Bausch+Ströbel einen aseptischen Werkzeugwechsler entwickelt. Dieser Werkzeugwechsler bietet neben seiner vergleichsweisen leichten Bauweise eine Vielzahl weiterer Vorteile und legt den Grundstein für flexible, effiziente und sichere Automatisierungslösungen im Pharmabereich.

Der Werkzeugwechsler ist in der Lage, verschiedene elektrische, servoelektrische und pneumatische Greifsysteme aufzunehmen und zu betreiben. Ein besonderer Vorteil des Werkzeugwechslers ist seine Vielseitigkeit. Er kann schwere Formatteile direkt aufnehmen oder zusätzliche Prozessschritte wie z.B. die Reinigung mit einer Reinigungspistole vollautomatisch übernehmen. Auch Messgeräte zur Validierung und Qualifizierung lassen sich problemlos anbringen. Der Werkzeugwechsler ist mit einer 7-fachen Codierung konzipiert, somit werden unterschiedliche Werkstücke problemlos erkannt.

Sicherheit hat in der Pharmaproduktion oberste Priorität. Bei einem Stromausfall sorgt ein permanenter Elektromagnet dafür, dass keine Gefahrensituation entsteht, kein Produkt verloren geht und eine spätere Weiterfahrt möglich ist. Die elektrische Kontaktierung erfolgt über vergoldete Edelstahlkontakte, bei denen jeder Einzelkontakt sowie der Federweg mit einer pharmagerechten Dichtung nach Hygienic-Design-Vorgaben ausgestattet wurde. „Eine tolle Lösung und Umsetzung der Zimmer Group für die Herausforderungen im pharmazeutischen Maschinenbau“, so Philipp Wimberger.

Qualitätssteigerung durch Reproduzierbarkeit

Ein viel diskutiertes Thema in der pharmazeutischen Industrie ist beispielweise die automatische Reinigung der Anlage nach der Verarbeitung hochwirksamer Produkte. Stand der Technik sind Reinigungsverfahren nach Standardarbeitsanweisung, die von Bedienern durchgeführt werden. Dabei wird eine Sprühpistole in die Maschine eingeschleust und ein Bediener übernimmt die Reinigung der Maschine über Handschuheingriffe nach einem zuvor definierten System. „Durch die Aufnahme der Sprühpistole mithilfe des Werkzeugwechslers und der automatisierten Reinigungsbewegung ist eine höhere Reproduzierbarkeit gegenüber der manuellen Reinigung gegeben und damit eine Qualitätssteigerung“, erklärt Wimberger.

Das Wechselsystem ist komplett GMP-konform, sowohl was die Materialien als auch das Design angeht. Optimale Voraussetzungen also für den Bio-Dekontaminationsprozess und das Wash-In-Place (WIP) nach Abfüllung von hochpotenten Substanzen.

Perfekte Zusammenarbeit führt zu Innovation

Die Zusammenarbeit zwischen der Zimmer Group und Bausch+Ströbel war geprägt von Ideenreichtum und technischem Know-how. Beide Unternehmen haben ihre Kompetenzen gebündelt, um eine maßgeschneiderte Lösung zu entwickeln, die den spezifischen Anforderungen im Pharmaumfeld gerecht wird. Mit dem Werkzeugwechsler ist es möglich, gezielt auf die geforderte Anwendung zu reagieren, ohne Kompromisse einzugehen.

Durch den Einsatz des aseptischen Werkzeugwechslers müssen Anlagen zukünftig nicht mehr komplett umgebaut werden, wenn Änderungen oder ein Produktionswechsel erforderlich sind. Das spart, Kosten und Platz, minimiert das Risikopotenzial und erhöht gleichzeitig die Flexibilität der pharmazeutischen Endkunden.

Die maßgeschneiderte Lösung wird nun als Standardprodukt unter der Serie WMR2000 in das Portfolio der Zimmer Group aufgenommen und steht somit weiteren Kunden zur Verfügung, die von den Vorteilen dieser innovativen Technologie profitieren möchten.

Fazit: Der aseptische Werkzeugwechsler ist die optimale Lösung für die Herausforderungen moderner Pharma-Automation. Er vereint höchste Flexibilität, Sicherheit und Effizienz und ist damit ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Smart Factory im Pharmaumfeld. Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Zimmer Group und Bausch+ Ströbel zeigt, wie durch Partnerschaften innovative und nachhaltige Lösungen entstehen können.